DER SPEISEWAGEN IM ORIENTEXPRESS
Eine kurze Einführung von Marie-Ann Schwenk
Seitdem Agatha Christie dem Orientexpress mit einem ihrer berühmtesten Morde zur Unsterblichkeit verholfen hat, wurde der Geschichte dieser berühmten Zugstrecke damit ein Denkmal gesetzt.
Ein „Hotelpalast auf Rädern“ wurde dieser erste große Expresszug genannt oder auch „Zug der Könige und der König der Züge“. Im Reisen und Speisen zwischen London und Istanbul überschlugen sich die Titelblätter mit immer neuen Superlativen. Allein schon durch seine äußere Aufmachung mit braunem Teakholz und den Wagonwagen in Bordeauxrot. Eine noch nie da gewesene Klasse von Reiseluxus, bot sich in den Pulmann-Salon-Wagen, in dem Rauchsalon, dem Damenboudoir, der Bibliothek, den Bad-Duschkabinen und vor allem natürlich dem Speisewagen mit Bar-Wagen.
Sämtliche Gerichte in diesem berühmtesten aller Züge wurden stets frisch zubereitet, und das lange Zeit auf einem Kohleherd! Dabei verstanden sich nicht nur fünfgängige Menüs (Minimum), sondern auch atemberaubende Dekorationen, untadeliger Service und absolute Pünktlichkeit als Selbstverständlichkeit. Die erlesen Speisewagen-Qualität gepaart mit dem übrigen raffiniertem Luxus, wurde zur Basis seines Ruhms.
Als am 04. Oktober 1883 in Paris der erste Zug auf seine Reise ging, tat er dies noch unter dem Namen „Express d`Orient“ und wurde erst 1891 in „Orient-Express“ umgetauft. Er fuhr mit einem Zubringer aus London von Paris nach Bukarest. Für Abenteuerhungrige ging es dann noch mehr als 350 gefährliche Kilometer weiter nach Konstantinopel. Erst 1889 war das türkische Streckennetz soweit ausgebaut, dass die Reisenden mit dem gleichen Zug bis in die Hauptstadt des osmanischen Reiches durchfahren konnten. Da Könige, Leinwandstars, Waffenhändler, Prinzen, Liebende und Gangster tatsächlich häufig als Gäste im Orientexpress zu finden waren, wurden er schnell zum Objekt vieler mysteriöser Geschichten und Legenden. Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs, erlebte der Zug auch tatsächlich jede Menge Naturkatastrophen, Bürgerkriege, Epidemien, Überfälle und Scharmützel internationaler Verwicklungen. So war es nicht verwunderlich, dass jeder Reisende, der „etwas auf sich hielt“, einen Revolver im Handgepäck hatte. Die beiden klassischen Stammrouten des Zuges führten von Paris über Mailand, Venedig, Belgrad und Sofia und die andere über Wien, Budapest und Bukarest bis Konstantinopel. Der wichtigste deutsche Bahnhof des Zuges war München, alternativ waren auch Karlsruhe und Stuttgart Haltestellen.
Im Speisewagen standen den wenigen privilegierten Passagieren der ersten Klasse, ein Chefkoch mit drei Beiköchen zur Verfügung, drei flexible Zusatzkräfte sowie zwei Tellerwäscher, die auch als Gemüseschäler fungierten. Eine ganze Kompanie von bedressten Stewards servierte den Reisenden rund um die Uhr alles, was sie wollten. Und bei den Gerichten wie Wachteln im Sarkophag, Soufflé au Grand Manier, Gänselebermedaillons, Kaviar auf serbische Art, Pochierte Austern in Champagner, Nockerln auf Salzburger Art, Entenleber in Marsalawein auf Ackersalat, Roastbeef mit Yorkshire-Pudding war es auch nicht verwunderlich, dass der Zug immer ausgebucht war.
Mit kulinarisch-nostalgischen Grüßen verbleibe ich Ihre und Eure „Wanderköchin“ Marie-Ann Schwenk
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